Auf Suvarovs Spuren
1799, während den napoleonschen Kriegen war die Schweiz die 'Helvetische
Republik', von französischen Truppen besetzt. Österreich und Russland kämpften
gengen die französische Armee. Ende September, in der Nähe von Zürich wurden
aber die Truppen von Korsakov durch diejenige von General Masséna besiegt.
General Suvarov wollte zur Hilfe von Korsakov eilen, aber als er zu spät war
entschied er sich durch die Alpen zurückzukehren. Er entschied sich, durch
Glarus zum Rheintal in Graubünden zu gehen. Auf dem Weg war aber der
Panixerpass, deren Übergang wegen frühen
Schneefällen sich als sehr schwierig herausstellte. Viele der Männer von Suvarov
würden nie die andere Seite des Passes erreichen.
Knapp 201 Jahre später probierte ich, die Spuren dieser russischen Armee zu
folgen, wenn möglich mit weniger verlusten. Ich hatte mindestens keine
schwere Waffen mitzuschleppen, und ich konnte auf günstiges Wetter warten
(was Ende August der fall war). Ich hatte noch den Vorteil, dass ich für die
weniger interessante Strecke den Zug nehmen konnte. Ich traf so anfangs
Nachmittag in Ziegelbrücke ein.
Zwischen Ziegelbrücke und Schwanden bin ich auf dem 'offiziellen' Radweg
gefahren. Es war eine hübsche und leichte Strecke, abseits von den
vielbefahrenen Strassen (aber lieber nicht mit dem Rennrad probieren: zum
Teil ist da grober Kies, nicht das beste für schmalen Reifen). In Schwanden
musste ich diesen Radweg verlassen. Als ich die Strasse nach Elm suchte hielt
ein Briefträger sein Auto an, und fragte wohin ich wollte. Er erzählte mir,
dass es einen 'Suvarov-Weg' gibt, auf Forst- und Fusswege nach Elm. Eher als
die Hauptstrasse hat er mir diesen Weg empfohlen, und hat mich sogar bis durch
die Ortschaft bis zum ersten Wegweiser geführt. Danke, Herr Pöstler, Sie haben
mir einen guten Tipp gegeben!
Es war etwa 3 Uhr als ich in Elm ankam; ich bin vor dem Sportladen der
berühmten Ski-Meisterin Vreni Schneider gefahren und hielt dann bei einem
kleinen Laden um ein Getränk und ein Frucht zu kaufen. Von Elm bis Wichlen
bin ich auf der Hauptstrasse gefahren, die dort endet. Da waren Soldate und
viele Panzer. Ich musste absteigen, um den Waffenplatz mit einem Wächter
gehen, dann mit einem anderen bis ich wieder aus der militärischen Zone war.
Ich habe die Gelegenheit genommen, um den Wächtern zu fragen, ob sie den Weg
zum Panixerpass kannten. Sie kannten ihn nicht, sagten aber, dass Biker
schon heruntergefahren waren. Deshalb konnte ich hoffen, die Strecke sei
nicht allzu schwierig.
Meine Hoffnung verflog aber schon nach einem Kilometer. Der Pfad war steil,
und ich musste meistens das Fahrrad stossen. Von der Landeskarte wusste ich
schon, dass es zwischen den steilen Passagen auch weniger steile gab. Leider
gab's genau dort wo es weniger steil war andere Hindernisse: grosse Steine,
Furchen, Schlammpfützen und (weiter oben) sogar Schnee. Alles zusammen musste
ich das Fahrrad viel mehr stossen und tragen als fahren. Auf den
Schneefeldern konnte ich zwar zwei andere Mountainbike Spuren sehen, aber
ich war wohl der einzige Verrückte, der da mit einem ziemlich nutzlosen Rad
hinaufging!
Schliesslich war ich gegen 6 Uhr am Pass. Ich habe einen Blick aufs Suvarovs
Denkmal geworfen und habe an seinen armen Kerlen gedacht. Dann konnte ich
ein Stück weit fahren. Aber auch in der Abfahrt musste ich mehrmals
absteigen: zu steil, im Schlamm, auf unbefestigten Schutthalden, in
engen Furchen, wo die Pedalen an den Seiten stossen, durch Steilhängen, wo
jeder Fall der letzte sein könnte... Als ich zur Alp Ranasca ankam wurde
der Pfad zu einem Weg. Aber ein schlechter Weg. Die Fahrt hat mich kräftig
geschüttelt; mein Rücken und meine Schultern schmerzten bald. Diese schlechte
Behandlung dauerte bis Pignu/Panix. Die Abfahrt von dort bis Rueun war auf
einer modernen Strasse, nicht wie zur Suvarovs Zeit.

Alp Ranasca

Pignu/Panix
31.8.2000